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Kurze Wintergedichte klassischer Autoren

Schöne klassische Kurzgedichte zur Winterzeit

Winterlandschaft
Bild: Peggychoucair / pixabay.com

Kurze Wintergedichte klassischer Autoren - von A - Z

An den Winter
Elisabeth Kulmann

An die Wintersonne
Eduard von Bauernfeld

An meine Gartenblumen
Elisabeth Kulmann

Dämmerstunde
Albert Sergel

Das erste Weiß
Johann Nepomuk Vogl

Der Abend kommt von weit gegangen
Rainer Maria Rilke

Der erste Schnee
Adolf Holst

Der Schneemann auf der Straße
Robert Reinick

Der Seufzer
Christian Morgenstern

Der stürmische Morgen
Wilhelm Müller

Der Vögel Abschied
Joseph von Eichendorff

Der Winter
Friedrich Hölderlin

Die drei Spatzen
Christian Morgenstern

Die hohen Tannen atmen heiser
Rainer Maria Rilke

Ein großer Teich war zugefroren
Johann Wolfgang von Goethe

Eisnacht
Clara Müller-Jahnke

Erster Schnee
Börries Freiherr von Münchhausen

Farben
Selma Meerbaum-Eisinger

Februar
Konrad Weiß

Februarschnee
Cäsar Flaischlen

Frost
Clara Müller-Jahnke

 

Gang im Schnee
Ernst Stadler

Heller Morgen
Börries Freiherr von Münchhausen 

Ich komme aus der Ewigkeit
Hans Thoma

Im Schnee
Frieda Jung

Im Schnee
Sigmund Schott

Im Winter
Emil Peschkau

Im Wintergarten
Adolf Holst

In der Winternacht
Friedrich Wilhelm Weber

Jahres-Ende
Maria Luise Weissmann

Katze im Schnee
Johann Wilhelm Hey

Morgensonne im Winter
Christian Morgenstern

Nein wer hätte das gedacht
Adolf Holst

Neuschnee
Christian Morgenstern

November
Richard O. Koppin

Raureif
Frieda Jung

Schnee
Maria Luise Weissmann

Schneeglöckchen
Friedrich Rückert

Sonniger Wintertag
Alfons Petzold

Stille Winterstraße
Joachim Ringelnatz

 

Winter
Gustav Falke

Winter
Arno Holz

Winter
Hedwig Lachmann

Winter
Johannes Schlaf

Winter
Stefan Zweig

Winterabend
Richard O. Koppin

Winteranfang
Wilhelm Jensen

Winterbild
Martin Greif

Winterbild
Hedwig Lachmann

Winterfrühling
Leopold Weber

Wintergedanken
Franz Grillparzer

Winterlandschaft
Christian Friedrich Hebbel

Winterliche Abendsonne
Alfons Petzold

Winterlied der Meise
Martin Greif

Winterlust
Robert Reinick

Wintermärchen
Frieda Jung

Wintermorgen im Hochgebirge
Otto Baisch

Winternacht
A.H. Hoffmann von Fallersleben

Winternacht
Nikolaus Lenau

Winterschlaf
Klabund

Winterstimmung
Sophie von Khuenberg

Wintertag
Conrad Ferdinand Meyer

Zu Golde ward die Welt
Christian Morgenstern 

 


Arno Holz (1863-1929)
Winter

Du lieber Frühling! Wohin bist du gegangen?
Noch schlägt mein Herz, was deine Vögel sangen.
Die ganze Welt war wie ein Blumenstrauß,
längst ist das aus!
Die ganze Welt ist jetzt, o weh,
Barfüßle im Schnee.
Die schwarzen Bäume stehn und frieren,
im Ofen die Bratäpfel musizieren,
das Dach hängt voll Eis.
Und doch: bald kehrst du wieder, ich weiß, ich weiß!
Bald kehrst du wieder,
o nur ein Weilchen,
und blaue Lieder
duften die Veilchen!

Robert Reinick (1805-1852)
Winterlust

Wohin man schaut, nur Schnee und Eis,
Der Himmel grau, die Erde weiß;
Hei, wie der Wind so lustig pfeift,
Hei, wie er in die Backen kneift,
Doch meint er´s mit den Leuten gut,
Erfrischt und stärkt, macht frohen Mut.
Ihr Stubenhocker, schämet euch,
Kommt nur heraus, tut es uns gleich.
Bei Wind und Schnee auf glatter Bahn,
Da hebt erst recht der Jubel an!

*Quelle: Gedichte für einen Wintertag dtv Hrsg. Gudrun Bull

Rainer Maria Rilke 1875 - 1926
Die hohen Tannen atmen heiser

Die hohen Tannen atmen heiser
im Winterschnee, und bauschiger
schmiegt sich sein Glanz um alle Reiser.
Die weißen Wege werden leiser,
die trauten Stuben lauschiger.

Da singt die Uhr, die Kinder zittern:
Im grünen Ofen kracht ein Scheit
und stürzt in lichten Lohgewittern, –
und draußen wächst im Flockenflittern
der weiße Tag zur Ewigkeit.

 

Rainer Maria Rilke 1875-1926
Der Abend kommt von weit gegangen

Der Abend kommt von weit gegangen
durch den verschneiten, leisen Tann.
Dann presst er seine Winterwangen
an alle Fenster lauschend an.

Und stille wird ein jedes Haus;
die Alten in den Sesseln sinnen,
die Mütter sind wie Königinnen,
die Kinder wollen nicht beginnen
mit ihrem Spiel. Die Mägde spinnen
nicht mehr. Der Abend horcht nach innen,
und innen horchen sie hinaus.


Ernst Stadler (1883-1914)
Gang im Schnee

Nun rieseln weiße Flocken unsre Schritte ein. 
Der Weidenstrich läßt fröstelnd letzte Farben sinken, 
Das Dunkel steigt vom Fluß, um den versprengte Lichter blinken, 
Mit Schnee und bleicher Stille weht die Nacht herein.

Nun ist in samtnen Teppichen das Land verhüllt, 
Und unsre Worte tasten auf und schwanken nieder 
Wie junge Vögel mit verängstetem Gefieder – 
Die Ebene ist grenzenlos mit Dämmerung gefüllt.

Um graue Wolkenbündel blüht ein schwacher Schein, 
Er leuchtet unserm Pfad in nachtverhängte Weite, 
Dein Schritt ist wie ein fremder Traum an meiner Seite – 
Nun rieseln weiße Flocken unsre Sehnsucht ein.

Christian Friedrich Hebbel (1813 - 1863)

Winterlandschaft

Unendlich dehnt sie sich, die weiße Fläche,
bis auf den letzten Hauch von Leben leer;
die muntern Pulse stocken längst, die Bäche,
es regt sich selbst der kalte Wind nicht mehr.

Der Rabe dort, im Berg von Schnee und Eise,
erstarrt und hungrig, gräbt sich tief hinab,
und gräbt er nicht heraus den Bissen Speise,
so gräbt er, glaub' ich, sich hinein ins Grab.

Die Sonne, einmal noch durch Wolken blitzend,
wirft einen letzten Blick auf's öde Land,
doch, gähnend auf dem Thron des Lebens sitzend,
trotzt ihr der Tod im weißen Festgewand.

Gustav Falke (1853-1916)
Winter

Ein weißes Feld, ein stilles Feld.
Aus veilchenblauer Wolkenwand
hob hinten, fern am Horizont,
sich sacht des Mondes roter Rand.

Und hob sich ganz heraus und stand
bald eine runde Scheibe da,
In düstrer Glut. Und durch das Feld
klang einer Krähe heisres Krah.

Gespenstisch durch die Winternacht
der große dunkle Vogel glitt,
und unten huschte durch den Schnee
sein schwarzer Schatten lautlos mit.

Christian Morgenstern (1871-1914)
Die drei Spatzen

In einem leeren Haselstrauch, 
da sitzen drei Spatzen, Bauch an Bauch.

Der Erich rechts und links der Franz 
und mittendrin der freche Hans.

Sie haben die Augen zu, ganz zu, 
und obendrüber, da schneit es, hu!

Sie rücken zusammen dicht, ganz dicht.
So warm wie der Hans hat's niemand nicht.

Sie hör'n alle drei ihrer Herzlein Gepoch. 
Und wenn sie nicht weg sind, so sitzen sie noch.

Clara Müller-Jahnke (1860-1905)
Eisnacht

Wie in Seide ein Königskind
schläft die Erde in lauter Schnee,
blauer Mondscheinzauber spinnt
schimmernd über der See.

Aus den Wassern der Raureif steigt,
Büsche und Bäume atmen kaum:
durch die Nacht, die erschauernd schweigt,
schreitet ein glitzernder Traum.

Friedrich Hölderlin (1770-1843)
Der Winter

Wenn ungesehn und nun vorüber sind die Bilder
Der Jahreszeit, so kommt des Winters Dauer,
Das Feld ist leer, die Ansicht scheinet milder,
Und Stürme wehn umher und Regenschauer.

Als wie ein Ruhetat, so ist des Jahres Ende,
Wie einer Frage Ton, dass dieser sich vollende,
Alsdann erscheint des Frühlings neues Werden,
So glänzet die Natur mit ihrer Pracht auf Erden.


August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798 - 1874)
Winternacht

Wie ist so herrlich die Winternacht,
Es glänzt der Mond in voller Pracht
Mit den silbernen Sternen am Himmelszelt.
Es zieht der Frost durch Wald und Feld

Und überspinnet jedes Reis
Und alle Halme silberweiß.
Er hauchet über dem See und im Nu,
Noch eh` wir`s denken, friert er zu.

So hat der Winter auch unser gedacht
Und über Nacht uns Freude gebracht.
Nun wollen wir auch dem Winter nicht grollen
Und ihm auch Lieder des Dankens zollen.

Klabund (1890 - 1928)
Winterschlaf

Indem man sich nunmehr zum Winter wendet,
Hat es der Dichter schwer,
Der Sommer ist geendet,
Und eine Blume wächst nicht mehr.

Was soll man da besingen?
Die meisten Requisiten sind vereist.
Man muss schon in die eigene Seele dringen -
Jedoch, da haperts meist.
 
Man sitzt besorgt auf seinen Hintern,
Man sinnt und sitzt sich seine Hose durch, -
Da hilft das eben nichts, da muss man eben überwintern
Wie Frosch und Lurch.

Franz Grillparzer (1791 - 1872)
Wintergedanken

Willst du, Seele, nicht mehr blühen,
Da vorbei des Sommers Flucht?
Oder wenn der Herbst erschienen,
Warum gibst du keine Frucht?

War vielleicht zu reich dein Blühen,
War zu bunt der Farben Licht?
Denn die Blüten geben Früchte,
Aber, ach, die Blumen nicht.

Martin Greif (1839 - 1911)
Winterlied der Meise

Wo auf winterlicher Flur
Noch kein Hälmchen zu erschauen,
Mahnt vom Walde her die Meise,
Auf die Sonne zu vertrauen,
Die für eine Weile nur
Uns entwandert auf der Reise.

Christian Morgenstern (1871 - 1914)
Zu Golde ward die Welt

Zu Golde ward die Welt;
Zu lange traf
Der Sonne süßer Strahl
Das Blatt, den Zweig.
Nun neig
Dich, Welt hinab
In Winterschlaf.

Bald sinkt's von droben dir
In flockigen Geweben
Verschleiernd zu -
Und bringt dir Ruh,
O Welt,
O dir, zu Gold geliebtes Leben,
Ruh.

Joseph von Eichendorff (1788 - 1857)
Der Vögel Abschied

Ade, ihr Felsenhallen,
Du schönes Waldrevier,
Die falben Blätter fallen,
Wir ziehen weit von hier.

Träumt fort im stillen Grunde!
Die Berg stehn auf der Wacht,
Die Sterne machen Runde
Die lange Winternacht.

Und ob sie all verglommen,
Die Täler und die Höhn –
Lenz muss doch wiederkommen
Und alles auferstehn!


Winterlandschaft mit Fußgängerin
Foto: pixabay.com

Maria Luise Weissmann (1899 - 1929)
Jahres-Ende

Du greises Jahr: du eilst, dem Ziele zu
Rascher und rascher, sehnst dich nach der Ruh
In einem tiefen grenzenlosen Tod.
Doch sieh: ich eile schneller, nach dem Rot
Des neuen Morgens gierig, dir voraus.
O komm! Hinübergeh! Lösch aus, lösch aus!
Gezeichnetes, Beladenes, befleckt
Mit großer Müdigkeit, mit Schmerz bedeckt -
Vergeh - ich werde! Stirb - und ich vermag
Aufzuerstehn: o neuer, reinster Tag!

*Quelle: wortblume.de

Robert Reinick (1805 - 1852)
Der Schneemann auf der Straße

Der Schneemann auf der Straße
trägt einen weißen Rock,
hat eine rote Nase
und einen dicken Stock.

Er rührt sich nicht vom Flecke,
auch wenn es stürmt und schneit.
Stumm steht er an der Ecke
zur kalten Winterszeit.

Doch tropft es von den Dächern
im ersten Sonnenschein,
da fängt er an zu laufen,
und niemand holt ihn ein.

Hedwig Lachmann (1865-1918)
Winterbild

In meinem Zimmer ein paar frische Blumen,
Die allen Wintermissmut mir vertreiben.
Ein Vöglein pickt vor meinem Fenster Krumen
Und guckt dabei zutraulich durch die Scheiben.

In Stroh und Bast die Bäume eingeschlagen,
Damit der strenge Frost sie nicht berühre,
Die Beete wohl verwahrt vor kalten Tagen
Und, bloßen Haupts, ein Bettler vor der Türe.

Friedrich Wilhelm Weber (1813 - 1894)
In der Winternacht

Es wächst viel Brot in der Winternacht,
weil unter dem Schnee frisch grünet die Saat;
erst wenn im Lenze die Sonne lacht,
spürst du, was Gutes der Winter tat.

Und deucht die Welt dir öd und leer,
und sind die Tage dir rauh und schwer:
Sei still und habe des Wandels acht
es wächst viel Brot in der Winternacht.

Clara Müller-Jahnke (1860-1905)
Frost

Vom Meer heran braust schwirrend
ein schneidender Nordnordost,
durch öde Straßen klirrend
schreitet der scharfe Frost.

Im Schnee verloren die Pfade
und Tür und Tor verweht -
nur dass der Stern der Gnade
noch leuchtend am Himmel steht!

Joachim Ringelnatz (1883-1934)
Stille Winterstraße

Es heben sich vernebelt braun
Die Berge aus dem klaren Weiß,
Und aus dem Weiß ragt braun ein Zaun,
Steht eine Stange wie ein Steiß.

Ein Rabe fliegt, so schwarz und scharf,
Wie ihn kein Maler malen darf,
Wenn er's nicht etwas kann.
Ich stapfe einsam durch den Schnee.

Vielleicht steht links im Busch ein Reh
Und denkt: Dort geht ein Mann.

Hans Thoma (1839-1924)>
Ich komme aus der Ewigkeit

Ich komme aus der Ewigkeit.
Frühling war’s,
dann heiße Sommerzeit,
der Herbst bracht’ Frucht
und Blätterfall
und wilder Stürme Widerhall.

Nun ist der kalte Winternebel da,
verhüllt in eins, was fern und nah;
mich deckt das Schneetuch 
der Vergessenheit,
so fahr ich wieder in die Ewigkeit.

Maria Luise Weissmann (1899-1929)
Schnee

Träne des Himmels: der Regen fiel
Tödlich wie Schwermut fällt
Auf das geliebte zerbrochene Spiel
Auf die verwesende Welt.

Herbst schon rollte sie schwelgend hinab,
Purpurner Untergang,
Sanft nun wiegt sie zu Grab
Eigener Wehmut Gesang.

Da: im silbernen Blitz der Fröste
Sieh, Erstarrung fällt,
Selige Form; es tanzt im Kristall die erlöste
Tanzt die gerettete Welt.

Christian Morgenstern (1871 - 1914)
Morgensonne im Winter

Auf den eisbedeckten Scheiben
fängt im Morgensonnenlichte
Blum und Scholle an zu treiben...

Löst in diamantnen Tränen
ihren Frost und ihre Dichte,
rinnt herab in Perlensträhnen...

Herz, o Herz, nach langem Wähnen
lass auch deines Glücks Geschichte
diamantne Tränen schreiben!

Christian Morgenstern (1871-1914)
Der Seufzer

Ein Seufzer lief Schlittschuh auf nächtlichem Eis
und träumte von Liebe und Freude.
Es war an dem Stadtwall, und schneeweiß
glänzten die Stadtwallgebäude.

Der Seufzer dacht an ein Maidelein
und blieb erglühend stehen.
Da schmolz die Eisbahn unter ihm ein -
und er sank - und ward nimmer gesehen.

Elisabeth Kulmann (1808-1825)
An den Winter

Willkommen, lieber Winter,
Willkommen hier zu Land!
Wie reich du bist, mit Perlen
Spielst du, als wär' es Sand!

Den Hof, des Gartens Wege
Hast du damit bestreut;
Sie an der Bäume Zweige
Zu Tausenden gereiht.

Dein Odem, lieber Winter,
Ist kälter, doch gesund;
Den Sturm nur halt' im Zaume,
Sonst macht er es zu bunt!

Quelle: http://wortblume.de/dichterinnen/

Johann Wilhelm Hey (1789 - 1854)
Katze im Schnee

"Kätzchen, wie hebst du die Pfötchen auf,
Siehst sogar zu ängstlich drauf,
Sinkst in den Schnee bis zum Halse bald,
Nicht wahr, da geht sich´s gar zu kalt?
Besser wär´es ja wohl getan,
Hättest du gute Stiefel an."

Freilich an Stiefeln war sie nicht reich,
Half sich doch, wie sie´s konnte, gleich,
Lief durch den Schnee in die Scheuer hinein,
Schüttelte, leckte die Pfötchen rein,
Hatte dann wieder gar frohen Lauf,
Stieg zu den höchsten Balken hinauf.

*Quelle: Gedichte für einen Wintertag / dtv Verlag


Nikolaus Lenau (1802 - 1850)
Winternacht

Vor Kälte ist die Luft erstarrt,
Es kracht der Schnee von meinen Tritten,
Es dampft mein Hauch, es klirrt mein Bart;
Nur fort, nur immer fortgeschritten!

Wie feierlich die Gegend schweigt!
Der Mond bescheint die alten Fichten,
Die, sehnsuchtsvoll zum Tod geneigt,
Den Zweig zurück zur Erde richten.

Frost! friere mir ins Herz hinein,
Tief in das heißbewegte, wilde!
Dass einmal Ruh mag drinnen sein,
Wie hier im nächtlichen Gefilde!

Hedwig Lachmann (1865-1918)
Winter

Es treiben große Flocken dicht und schräg
Der Wald hält still, die Zweige hängen träg.

Der Wind, der um die Wipfel wehte, schweigt.
Die Kronen haben langsam sich geneigt.

Um eine hohe Tanne rieselt kalt
Der Schnee: Mein Haupt wie Eis! Bin ich schon alt?

Durch hundert Jahre ist es nicht so weit.
Ich steh schon immer in der Ewigkeit.

*Quelle: medienwerkstatt-online.de

Börries Freiherr von Münchhausen (1874-1945)
Heller Morgen

Als ich schläfrig heut erwachte,
- und es war die Kirchenzeit –
hörte ich’s am Glockenschlage,
dass es über Nacht geschneit.

Als ich froh die Läden aufstieß,
trug die Welt ein weißes Kleid,
meine ganze Seele wurde
glänzend weiß und hell und weit.

Denn in meinem hellen Zimmer
klang so hell der Glockenschlag,
dass ich schon im Traume wusste:
heute wird ein heller Tag.

Christian Morgenstern (1871-1914)
Neuschnee

Flockenflaum zum ersten Mal zu prägen
mit des Schuhs geheimnisvoller Spur,
einen ersten schmalen Pfad zu schrägen
durch des Schneefelds jungfräuliche Flur -

Kindisch ist und köstlich solch Beginnen,
wenn der Wald dir um die Stirne rauscht
oder mit bestrahlten Gletscherzinnen
deine Seele leuchtende Grüße tauscht.

Adolf Holst (1867-1945)
Nein wer hätte das gedacht

Nein, wer hätte das gedacht
beim Zur-Schule-Gehn!
Heute morgen um halb acht
war noch nichts zu sehn.
Keine Flocke rings im Kreis -
jetzt ist alles zuckerweiß.
Wie das wirbelt, tanzt und sprüht!
Weiß ist jedes HJaus.
Unsre Schule selber sieht
wie ein Schneemann aus.
Jungens, Bälle nun gemacht!
Heute gibt's eine Schneeballschlacht!

Otto Baisch (1840-1892)
Wintermorgen im Hochgebirge

Wie wunderbar
Auf Bergespfaden im Januar!
Geheimnisvoll knistert, wohin ich geh',
Mir unter den Füßen der dichte Schnee,
Den nirgends, wie weit auch mein Weg mich führt,
Bisher ein menschlicher Schritt berührt.

Nichts weit und breit
Als weiße, schimmernde Einsamkeit;
Kaum dass verstohlen ein Reh einmal
Hinunter äugt ins verschneite Tal.
Wie weltfremd fühlt sich die Seele da —
Dem Leben so fern, dem Himmel so nah!


Cäsar Flaischlen (1864-1920)
Februarschnee

Februarschnee
tut nicht mehr weh,
denn der März ist in der Näh!
aber im März
hüte das Herz,
dass es zu früh nicht knospen will!
warte, warte und sei still!

Und wär der sonnigste Sonnenschein,
und wär es noch so grün auf Erden,
warte, warte und sei still:
es muss erst April gewesen sein,
bevor es Mai kann werden!

Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)
Ein großer Teich war zugefroren

Ein großer Teich war zugefroren;
Die Fröschlein, in der Tiefe verloren,
Durften nicht ferner quaken noch springen,
Versprachen sich aber, im halben Traum:
Fänden sie nur da oben Raum,
Wie Nachtigallen wollten sie singen.
Der Tauwind kam, das Eis zerschmolz,
Nun ruderten sie und landeten stolz
Und saßen am Ufer weit und breit
Und quakten wie vor alter Zeit.

Martin Greif (1839-1911)
Winterbild

Damm und Graben überschneit,
Glatt der Strom gefroren,
Seine Ufer ziehen weit
In den Duft verloren.

Wiese und der Murmelbach
Such' ich heut' vergeblich,
Statt der Farben mannigfach
Alles weiß und neblich.

Gleich als käm' ich auf Besuch
Einem Freunde wieder,
Doch es deckt ein Leichentuch
Seine starren Glieder.

Wilhelm Müller (1794-1827)
Der stürmische Morgen

Wie hat der Sturm zerrissen
Des Himmels graues Kleid!
Die Wolkenfetzen flattern
Umher in mattem Streit,

Und rote Feuerflammen
Ziehn zwischen ihnen hin:
Das nenn ich einen Morgen
So recht nach meinem Sinn!

Mein Herz sieht an dem Himmel
Gemalt sein eignes Bild –
Es ist nichts als der Winter,
Der Winter kalt und mild!

Börries Freiherr von Münchhausen (1874-1945)
Erster Schnee

Als ich schläfrig heut erwachte,
und es war die Kirchenzeit,
hörte ich's am Glockenklange,
dass es über Nacht geschneit.

Denn vor meinem hellen Fenster
klang so hell der Glockenschlag,
dass ich schon im Traume wusste:
heute wird ein heller Tag.

Und ich ging und stand am Fenster:
trug die Welt ein weisses Kleid,
und mir ward die ganze Seele
glänzend weiß und hell und weit.

Friedrich Rückert (1788-1866)
Schneeglöckchen

Der Schnee, der gestern noch in Flöckchen
Vom Himmel fiel
Hängt nun geronnen heut als Glöckchen
Am zarten Stiel.
Schneeglöckchen läutet, was bedeutet's
Im stillen Hain?

O komm geschwind! Im Haine läutet's
Den Frühling ein.
O kommt, ihr Blätter, Blüt' und Blume,
Die ihr noch träumt,
All zu des Frühlings Heiligtume!
Kommt ungesäumt!


Emil Peschkau (1856-1930)
Im Winter

Nun hat die Welt erworben
Der Winter und erstorben
Ist jedes Blütenreis.
Vorüber all die Träume!
Entblättert steh'n die Bäume,
Gehüllt in Schnee und Eis.

Verzag nicht Herz, vertraue
Auf deinen Stern und baue
Getrost auf seine Huld.
Schon hörst du's leise beben,
Schon keimt ein neues Leben,
Hab nur Geduld, Geduld! ...

Selma Meerbaum-Eisinger (1924-1942)
Farben

So blau liegt es über dem schneeweißen Schnee
und so schwarz sind die grünen Tannen,
daß das ganz leise hinhuschende Reh
so grau ist wie nie beendbares Weh,
das man doch so gern möchte bannen.

Schritte knirschen in Schneemusik
und Winde stäuben die Flocken zurück
auf die weiß überschleierten Bäume.
Und Bänke stehen wie Träume.

Lichter fallen und spielen mit Schatten
unendliche Ringelreihen.
Die fernen Laternen blinken mit mattem
Schein, den vom Schneelicht sie leihen.

Adolf Holst (1867-1945)
Der erste Schnee

Nein, wer hätte das gedacht
beim Zur-Schule-Gehn!
Heute morgen um halb acht
war noch nichts zu sehn.
Keine Flocke rings im Kreis
jetzt ist alles zuckerweiss.

Wie das wirbelt, tanzt und sprüht!
Weiss ist jedes Haus.
Unsre Schule selber sieht
wie ein Schneemann aus.
Kinder, Bälle nun gemacht!
Heut gibt's eine Schneeballschlacht!

Adolf Holst (1867-1945)
Im Wintergarten

Hinten im Garten, o lustige Pracht,
haben wir uns einen Schneemann gemacht;
hat eine Kappe bis über die Ohren,
und seine Nase ist knallrot gefroren;
hat keine Beine und hat keinen Arm,
aber er lacht, denn sein Schneepelz hält warm.

Weiss ist der Garten, wohin ich auch seh.
Winter, willkommen mit Eis und mit Schnee!
Vöglein, ihr kleinen, auch ihr sollt euch freuen,
Körner und Krumen woll'n wir euch streuen.
Schneit's auch noch toller um Hecken und Höhn,
heissa-juchhe, auch der Winter ist schön!

Leopold Weber (1866-1944)
Winterfrühling

Der Winter strahlt. Die Sonne rollt
Einsam durchs Blau ihr klares Gold.

Einöd im Tal. Es tropft und taut
Vom Hüttenbach in leisem Laut.

Am Berghang glänzt der Schnee so rein,
Dort schläft der Wind im Sonnenschein.

Ein Birkenbaum, allein und kahl,
Die Hängezweige hebt im Strahl.

Er blinzt ins blaue Gotteslicht,
Das brennt ihm überm Wipfel dicht.

Ein Meislein hüpft ganz sacht im Baum,
Ein Seelchen zirpt – du hörst es kaum.

Konrad Weiß (1880-1940)
Februar

Unregsam, wie der Wind umgeht,
ein magrer Baum im frühen Beet,

so lichtgetrocknet unbeirrt,
daß sich daran ein Blick verwirrt,

ein Auge, starr in eins gesinnt,
die Sonne dreht sich um den Wind,

das Feld wird in die Runde bloß
und dunkelt vor dem Auge groß,

das faltet sich zu ernstem Schlag
und waltet mächtig in den Tag

und hürdet in sich alle Last,
geschlichtet ohne Willen fast.


Johann Nepomuk Vogl (1802-1866)
Das erste Weiß

Wie plötzlich doch bedeckt mit Eis
So Strauch als Bäume steh'n,
Auf letztem Grün das erste Weiß,
Wie traurig ists zu sehn!

Was bangst du, Herz? Sei frisch und kühn
Und denk, wenn Flocken wehn:
Auf letztem Weiß das erste Grün,
Wie lieblich wird das stehn!


*Quelle: www.mumag.de

Johannes Schlaf (1832-1941)
Winter

Der schönste Cherub kommt.
Mit weitweißen,
Sanften Schwingen
Schimmert er durchs Dunkel;
Kalt, starr und grausig
Und süß wie der Wille Gottes,
Heimatliederumraunt.

*Quelle: „Vom Reichtum der deutschen Seele" –
Hrsg. Georg Virnsberg

 

Richard O. Koppin (1879-1939)
Winterabend

Schneeluft hängt in allen Gassen,
bleiche Dämmerfinger fassen
nach den flackernden Laternen,
die schon müde ihre blassen
Strahlen senden in die Fernen.

Dichter an den Kirchturm rücken
Stadttor schon und Bachtalbrücken,
und die trauten Giebeldächer,
draus mit weichen Kerzenblicken
grüßen rings die Schlafgemächer.

Und am Markt der alte Bronnen,
schneeverhängt und still versonnen,
träumt von lichten Frühlingszeiten,
wie er dann durch Blütenwonnen
plätschernd würde talwärts gleiten.

Richard O. Koppin (1879-1939)
November

Still träumen alle Gassen,
die Tage schnell entfliehn,
die Gärten stehn verlassen,
und langsam nur die blassen
Novembernebel ziehn.

Die trauten Bronnen schweigen,
längst schwand ihr Plätscherspiel.
Nur die Kastanien neigen
sich mit entlaubten Zweigen
zur Erde, feucht und kühl.

Gleich einem müden Greise,
fern über Stadt und Land,
summt fromme Orgelweise
der alte Kirchturm leise,
Adventzeit-zugewandt.

Albert Sergel (1876-1946)
Dämmerstunde

Der Winter zieht die Nebelschleier
Ganz dicht vor deinem Fenster zu;
Im Ofen brennt ein kleines Feuer,
Kein Fremdes tritt in deine Ruh.

Das ist die Zeit, da deine Seele
Nicht sorgt, was aus der großen Welt
Sich ihrer Einsamkeit vermähle,
Und Einkehr in sich selber hält.

*Quelle: Vom Reichtum der deutschen Seele -
Hrsg. Georg Virnsberg

Sigmund Schott (1818-1895)
Im Schnee

Arme Maise, die im Wald
Hungrig untersucht die schwanken,
Eingeschneiten Brombeerranken,
Eile, denn es dunkelt bald.

Wen'ge Tropfen, warm und rot,
Dicht von Federchen umgeben,
Kämpfen, letzter Hauch von Leben,
Und des Daseins grimme Not.

Sei dem Herzen das ein Trost:
Ob so Vieles gieng zu Grunde,
Eine schwache Frühlingskunde
Fliegt lebendig durch den Frost.


Elisabeth Kulmann (1808-1825)
An meine Gartenblumen

Schlaft, liebe Blumen, schlafet,
Mit weichem Schnee bedeckt,
Bis euch des neuen Lenzes
Gelinder Odem weckt!
 
Jetzt herrscht im Land der Winter:
Er selbst ein lieber Mann;
Doch seine Stürme schnaubten
Euch, Blumen, unsanft an.
 
Drum, liebe Blumen, schlafet,
Mit weichem Schnee bedeckt,
Bis euch des jungen Lenzes
Gelinder Odem weckt!

Frieda Jung 1865 - 1929
Raureif

Heut' ist ein Glanz auf Erden,
Wie ich ihn nimmer sah.
In blitzender Silberseide
Stehn Busch und Bäume da.

Der Tag hat tausend Sterne
Gestreut in den weißen Schnee.
Wo ich geh' und steh',
Glitzert es, nah und ferne.

Auf allen Wegen und Gassen
Fließt goldner Sonnenschein:
Hat wohl ein Engelein
Die Himmelstür offen gelassen!

*Quelle: gedichte.xbib.de

Frieda Jung 1865 - 1929
Im Schnee

Das ist's, was ich am liebsten seh':
Mein Heimatdorf im tiefen Schnee!
Lichtweiße Flocken auf Baum und Strauch!
Über den Dächern bläulicher Rauch!
Und in den niedern Fensterreihn
Der letzte rote Abendschein!
Dann wandl' ich über das weiße Feld
Und glaube nicht an die Sünde der Welt!

Wilhelm Jensen 1837 - 1911
Winteranfang

Die Wolken treiben dunkel und schwer,
Ein letztes Verdämmern, und bald nichts mehr.
Ich schreit’ im herbstlichen Feld einher,
Ein letztes Verwelken, und bald nichts mehr.

Die Welt ist einsam, die Zukunft leer,
Ein letztes Gedenken, und bald nichts mehr.
Ein Stein, wo ein Herz geschlagen, umher
Verwilderndes Unkraut, und dann nichts mehr.

Frieda Jung 1865 - 1929
Wintermärchen

Nun ist kein Busch, kein Baum im Land,
Nicht Haus und Zaun und Stein — :
Frau Holle hüllt' alles mit leiser Hand
In schimmernde Mäntel ein,
In weiße Kapuzen mit Fransen und Band
Und Schleier silberschwer!
Man denkt, man ist im Märchenland,
Und kennt sich selbst nicht mehr!

Conrad Ferdinand Meyer (1825-1898)
Wintertag

Über schneebedeckter Erde
Blaut der Himmel, haucht der Föhn –
Ewig jung ist nur die Sonne!
Sie allein ist ewig schön!

Heute steigt sie spät am Himmel,
Und am Himmel sinkt sie bald
– Wie das Glück und wie die Liebe –
Hinter dem entlaubten Wald.

Alfons Petzold 1882 - 1923
Winterliche Abenssonne

Ein Stücklein Sonne Liegt noch eingezwängt
im winterbraunen Holz des Fichtenschlages.
Im blauen Abend gegenüber hangt
der Venus Stern, Der letzte Schein des Tages

versilbert hier, vergoldet dort ein Dach,
streicht alles Harte aus dem großen Bilde
und gibt dem Tal mit dem um-eisten Bach
etwas von einem himmlischen Gefilde.

Ein Krähenleib entsteigt dem bleichen Schnee,
aus dem ihn eines Menschen Tritte scheuchten.
Er steigt zum Forste und versinkt ganz jäh —
mit ihm der Sonne allerletztes Leuchten.

 

Alfons Petzold 1882 - 1923
Sonniger Wintertag

Den Tag vorher umwettert und durchstürmt,
Steht nun der Wald von Neuschnee übertürmt;
Es kriecht ein jeder Baum in sich hinein.
Wie tausend tiefe Nächte, schwer und stumm,
Steht dumpfes Schweigen um das Tal herum
Und schließt der Dinge Sommersehnsucht ein.

Doch übers Tal, da wölbt sich weltenweit
Das Firmament in blauer Ewigkeit.
Die Sonne jubelt froh in ihrem Lauf,
Und mit den Strahlenfingern frauenfein
Greift sie in das verschneite Tal hinein
Und hebt der Dinge Sehnsucht zu sich auf.

 

Sophie von Khuenberg 1863 - 1937
Winterstimmung

Von tiefer Winterruh' umfangen
Schau' ich hinaus ins fahle Licht,
Kein heißes, zitterndes Verlangen
Aus meiner stillen Seele bricht.

Schneefrieden webt in stummen Lüften,
Aus weißen Schleiern blüht die Welt;
Mir aber träumt von Maiendüften,
Seit mir dein Kuß das Herz geschwellt!

 

Stefan Zweig 1881 - 1942
Winter

Zu Gott, hoch über dem wandernden Wind
Flehen die Äste mit frierenden Armen:
Erbarmen! Erbarmen!
O sieh, wir waren schon frühlingsbereit, 
Nun sind
Wir wieder in weißer Wehmut verschneit,
Und ist doch schon Blühen in unserm Blut.
O schenk uns den warmen
Lenzatem deiner urewigen Glut
Und scheuche den scharfen schneidenden Schnee
Von unseren Blüten. Er tut
Ihnen weh ...

 

Eduard von Bauernfeld 1802 - 1890
An die Wintersonne

Es schläft der Strom; sollst ihm die Ruh' nicht stören,
Und ihn mit süßen Küssen nicht bethören;
Im Innern schafft und waltet er so still,
Drum laß ihn, Sonne, weil er träumen will.

Er beut mir seinen starken, schönen Rücken,
Leicht soll ihn nur das blanke Eisen drücken,
Und weit hinab, wo sonst der Nachen wallt,
Treibt mich des Eises schwellende Gewalt.

Ei komm' nur, Sonne, mit den süßen Blicken!
Du wirst mir nimmer meinen Strom berücken;
Kalt ist dein Buhlerkuß! Der Strom, ein Mann,
Schmilzt keinem Kuß, der nicht erwärmen kann.